Auszeichnung für energieeffiziente Fahrplanoptimierung
Mathematiker der FAU erhalten CNA-Innovationspreis für die Optimierung des Stromverbrauchs der Nürnberger U-Bahn
Mathematiker der FAU haben in Zusammenarbeit mit Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in aufwändigen Fallstudien errechnet, dass geringfügige Verschiebungen in den Fahrplänen und die Wahl optimierter Geschwindigkeitsprofile für die Züge bei der Nürnberger U-Bahn bis zu zehn Prozent Energie einsparen können. Für den Betreiber bedeutet das eine Kostenreduzierung von mehreren hunderttausend Euro im Jahr. Jetzt wurde das Projekt mit dem Innovationspreis „Intelligenz für Verkehr und Logistik“ des Centers for Transportation and Logistics Neuer Adler e.V. (CNA) ausgezeichnet.
Wenn ein elektrisch betriebener Zug anfährt, verbraucht er extrem viel Energie. Bremst er, kann er einen großen Teil dieser Energie wieder ins Stromnetz einspeisen. Um Spitzenlasten, deren Abdeckung sehr teuer ist, zu vermeiden, wäre es also optimal, wenn auf jeden anfahrenden Zug innerhalb des Netzes ein bremsender kommt. Allerdings exakt zur selben Zeit, denn sonst kann der rückgeführte Strom nicht genutzt werden.
Algorithmen unterstützen Fahrplanoptimierung
Gemeinsam mit der VAG Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg und dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS haben Wissenschaftler vom Lehrstuhl für Angewandte Mathematik (Gemischt-ganzzahlige lineare und nichtlineare Optimierung, Prof. Dr. Alexander Martin) das Projekt „Fahrassistenzsysteme im Schienenverkehr“ gestartet. In diesem Projekt soll untersucht werden, wie sich Lastspitzen durch Anpassungen der Fahrpläne vermeiden lassen – unter der Bedingung, dass die Abfahrtszeiten jeweils um maximal 15 Sekunden verschoben werden. „Das Nürnberger U-Bahn-Netz hat drei Linien und 50 Stationen“, sagt Dr. Andreas Bärmann, der das Projekt an der FAU leitet. „In Kombination mit jeweils 21 wählbaren Verschiebungen und Geschwindigkeitsprofilen ergibt das für die 24.000 Abfahrtszeiten, die für einen gegebenen Tag festzulegen sind 21^24.000 oder etwa 1031.733 verschiedene mögliche Fahrpläne.“ Mithilfe von Techniken der diskreten Optimierung reduzieren die Erlanger Forscher die Zahl möglicher Pläne schrittweise so lange, bis sie aus dieser riesigen Menge genau den einen besten gefunden haben. Und das lohnt sich: Bis zu 40 Prozent des bezogenen Stroms können unter optimalen Bedingungen wieder eingespeist und auch genutzt werden.
Ausrollen kostet wenig Zeit und spart viel Energie
Großes Energiesparpotenzial bergen auch die Geschwindigkeitsprofile der Züge. Hier haben die Mathematiker berechnet, welchen Vorteil es bringt, die Züge nicht auf die volle Endgeschwindigkeit zu beschleunigen und dafür eher Ausrollen zu lassen. Das erstaunliche Ergebnis: Beschleunigt die U-Bahn nur noch auf 75 statt auf 80 km/h und rollt dann bis zur nächsten Station, braucht sie für diese Strecke im Schnitt gerade einmal drei Sekunden länger – verbraucht aber bis zu ein Drittel weniger Energie. „Bei Zügen ist das möglich, weil zwischen Rädern und Schiene eine sehr geringe Reibung herrscht“, sagt Bärmann. Beide Ansätze – die Anpassung der Fahrpläne und die Optimierung der Geschwindigkeiten – reduzieren die Stromkosten um bis zu zehn Prozent. Die VAG Nürnberg könnte so einen 6-stelligen Betrag im Jahr einsparen. In einem nächsten Schritt will das Team intelligente Algorithmen entwickeln, die die Zugfahrten in Echtzeit steuern und in der Lage sind, auf Störungen im Ablauf zu reagieren.
Projekt mit dem CNA-Innovationspreis ausgezeichnet
Das vielversprechende Projekt wurde nun mit dem Innovationspreis „Intelligenz für Verkehr und Logistik“ des Centers for Transportation and Logistics Neuer Adler e.V. (CNA) ausgezeichnet. Der Preis wird an Unternehmen und Institutionen verliehen, die durch innovative Produkte oder Dienstleistungen einen außerordentlichen Beitrag zum nachhaltigen Wachstum, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in Bayern leisten. „Wir sind sehr glücklich über die Auszeichnung“, sagt Andreas Bärmann. „Sie würdigt unser Engagement und zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind – auch wenn die Überführung in den praktischen Bahnbetrieb noch ein paar Jahre dauern wird.“
Weitere Informationen:
Dr. Andreas Bärmann
Tel.: 09131/85-67159
andreas.baermann@math.uni-erlangen.de